• Home
  • News
  • Barrierefreie Großveranstaltung

Ohne Barrieren zum Konzert

Für das LebensGroß Magazin haben wir uns mit Christina Riedler und Martina Gollner von der Agentur FullAccess über Großveranstaltungen unterhalten.
Mit ihrer Agentur FullAccess beraten sie Veranstalter:innen in Hinblick auf Barrierefreiheit in diesem Bereich.

Die Agentur FullAccess gibt es seit 2016. Inwieweit hat sich die Nachfrage in den letzten acht Jahren verändert beziehungsweise vergrößert?

CHRISTINA RIEDLER, MARTINA GOLLNER: Es hat sich schon einiges getan. Anfangs konnte sich niemand etwas darunter vorstellen, wenn wir von einem barrierefreien Konzertbesuch gesprochen haben. Weder bei den Menschen mit Behinderungen noch bei den Veranstalter:innen herrschte ein Bewusstsein dafür. Mittlerweile ist das anders. Vor allem die „Green events-Bewegung“, die Sustainable Developement Goals (SDGs) und die Nachhaltigkeitsbewegung an sich haben auch viel dazu beigetragen.

Wer wendet sich an euch?

Ehrlicherweise sind es drei Kategorien. Erstens sind es Menschen, die selbst in irgendeiner Form vom Thema betroffen sind. Das zweite sind Veranstalter:innen, denen Klagen drohen und die einem Schlichtungsverfahren entgehen möchten und die dritte Kategorie sind natürlich auch Veranstalter:innen, die schon lange mit uns zusammenarbeiten und sich weiter entwickeln wollen. Denn Barrierefreiheit ist immer auch ein Prozess. Man kann nicht alles auf einmal umsetzen.

Wer ist denn so ein längerer Partner?

Ehrlicherweise sind es drei Kategorien. Erstens sind es Menschen, die selbst in irgendeiner Form vom Thema betroffen sind. Das zweite sind Veranstalter:innen, denen Klagen drohen und die einem Schlichtungsverfahren entgehen möchten und die dritte Kategorie sind natürlich auch Veranstalter:innen, die schon lange mit uns zusammenarbeiten und sich weiter entwickeln wollen. Denn Barrierefreiheit ist immer auch ein Prozess. Man kann nicht alles auf einmal umsetzen.

Aber was bedeutet Barrierefreiheit in Bezug auf Konzerte?

Natürlich sprechen wir immer bauliche Maßnahmen an. Es ist das Offensichtlichste und man muss ehrlich sagen, wenn Menschen mit Mobilitätseinschränkungen nicht einmal auf ein Konzertgelände gelangen, braucht man sich über den Rest gar keine Gedanken mehr machen. Aber dann steht für uns Information stark im Fokus. Menschen mit Behinderungen müssen sich vorab sehr genau über die Gegebenheiten informieren können, damit sie sich gut auf eine Veranstaltung vorbereiten können. Je klarer und detaillierter die Informationen sind, desto besser für die Konzertbesucher:innen. Und dann braucht es eine klare Ansprechperson, die als Schnittstelle zwischen Veranstalter:in und Konzertbesucher:in agiert.

Das kann mittlerweile doch auch eine Künstliche Intelligenz sein, die häufige Fragen beantworten kann?

Unsere Erfahrung zeigt, dass es eine physische Ansprechperson braucht. Denn die Fragen sind oft sehr individuell. Da muss man in die Tiefe gehen, sich immer wieder mit den Veranstalter:innen absprechen. Das schafft eine Künstliche Intelligenz nicht.

Ein wichtiges Thema in unseren Vorrecherchen war der Ticketverkauf. Für Menschen, die eine Begleitperson bei einem Konzertbesuch brauchen, kann das ein großer finanzieller Aufwand sein. Was sind eure Erfahrungen zum Ticketing?

Es ist tatsächlich ein großes Problem und wir haben schon viele Gespräche dazu geführt. Das Schwierige ist, dass der Ticketverkauf natürlich ein wesentlicher Teil des Geschäftsmodells von Veranstalter:innen ist. Bei den ganz großen Shows ist es mittlerweile so, dass es ein bestimmtes Kontingent an vergünstigten Karten gibt. Aber wir reden da ja auch von Konferenzen oder Sportveranstaltungen und vielem mehr. Auch wir haben die Erfahrung gemacht, dass es oft ein Spießrutenlauf für Betroffene ist, vergünstigte Karten zu bekommen. Dabei ist eine Begleitperson in diesem Fall eigentlich ein Hilfsmittel – und das ist gar nicht negativ gemeint – durch das der Veranstaltungsbesuch vielleicht überhaupt erst möglich werden kann.

Was kann man tun, um mehr Bewusstsein dafür zu schaffen?

Veranstalter:innen müssen Menschen mit Behinderungen endlich als Kundengruppe wahrnehmen. Es geht ja nicht darum, Karten zu verschenken. Menschen mit Behinderungen nehmen auch Freunde und Familie zu Konzerten mit, sie kaufen Merchandising-Artikel, konsumieren Essen und Getränke. Und das Wichtigste, sie erzählen von ihren Erfahrungen. Positives Image ist ein unglaublicher Werbefaktor.

Gibt es auch Veranstalter, die das schon verstanden haben?

Wir haben kürzlich mit der Band Coldplay zusammengearbeitet. Da gibt es in der Band eine positive Haltung. Der Band selbst war es wichtig, dass ein ermäßigter Ticketverkauf über Ö-Ticket möglich sein soll. Das war dann auch so. Beim Konzert musste ein Behindertenausweis als Nachweis gezeigt werden. Und da spricht nichts dagegen. Dieses Beispiel zeigt jedenfalls schon, dass Inklusion kein Hexenwerk ist, sondern viel mit Haltung zu tun hat.

In der Behindertenrechtskonvention ist der barrierefreie Zugang zu Freizeiteinrichtungen – also auch zu Konzerten – klar verankert. In nationales Recht ist es aber nicht gegossen. Würdet ihr euch eine rechtliche Verbindlichkeit wünschen?

Wir halten nichts von Zwang, sondern sehen eher die Motivation als Hebel. Die Bedürfnisse von unterschiedlichen Menschengruppen mit Behinderungen sind so unterschiedlich, dass es schwierig ist, ein einheitliches Recht darüber zu stülpen. So brauchen mobilitätseingeschränkte Personen andere Rahmenbedingungen als reizsensible, Menschen mit Sehbehinderungen andere als mit unsichtbaren Behinderungen. Barrierefreiheit ist breit gefächert und schließt sich manchmal sogar gegenseitig aus. Checklisten für Veranstalter:innen sind gut, in einem Gesetz lässt sich das unserer Meinung nach aber nicht abbilden.

Und wie kann die von euch angesprochene Motivation aussehen?

Ein zweckgewidmeter Fördertopf aus der Kulturförderung könnte helfen. Das könnte vor allem für kleinere Veranstalter:innen hilfreich sein, die dank inklusiven Engagements mehr Mittel zur Verfügung hätten.

Über die Agentur selbst

Die Agentur FullAccess wurde im Jahr 2016 gegründet. Sie unterstützt Veranstalter:innen bei einer barrierefreien Umsetzung ihres Events, damit diese für Besucher:innen mit allen Arten von Behinderungen zugänglicher werden. Die Bezeichnung „Besucher:innen mit Behinderungen“ umfasst laut Definition von FullAccess „mobilitätsbeeinträchtigte Personen sowie Besucher:innen mit Sinnesbehinderungen, chronischen Erkrankungen, intellektuellen Behinderungen und psychosozialen Beeinträchtigungen sowie Neurodivergenz“.

 

Webseite: http://www.fullaccess.at
Facebook: @AccessibilityAllAreas; https://www.facebook.com/AccessibilityAllAreas
Instagram: @fullaccesseventservices; https://www.instagram.com/fullaccesseventservices

button-up-scroll